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Unterwasser-Welt-Ostsee

Neobiota

Definition aus den “Stuttgarter Thesen”
Neozoen sind Tierarten, die nach dem Jahr 1492* unter direkter oder indirekter Mitwirkung des Menschen in ein bestimmtes Gebiet gelangt sind und dort wild leben.
Unter “Gebiet” werden Naturräume und deren Einzugsgebiete verstanden. Naturräume können auch auf politische Gebiete bezogen werden.
Es können etablierte und nicht etablierte Neozoa unterschieden werden. Etablierte Neozoa sind Tierarten, die einen längeren Zeitraum (mind. 25 Jahre) und/oder über mindestens drei Generationen existieren.
Für Pflanzen gilt der von Aristoteles eingeführte Begriff der “Neophyten”.

* Analog zur Definition der Neophyten wird bei den Neozoen das Jahr 1492 als Scheidejahr zwischen Archäzoen und Neozoen festgelegt.

Quelle:
Nehring & Leuchs, Bundesanstalt für Gewässerkunde, 1999

Neobiota in der Ostsee

 

Neues von der Neobiota-Front:

Geht es unseren Heringen an den Kragen?
Seit Oktober 2006 tritt in der Ostsee in großen Mengen eine Rippenquallen-Art auf, die dort nichts zu suchen hat: Mneniopsis leidyi wird sie von Wissenschaftlern genannt, sonst auch Meereswallnuss. In der Tat sieht sie aus wie eine etwas zu schlank geratene Wallnuss und hat, wie alle Rippenquallen, 8 mit kleinen Ruderplättchen besetzte Rippen. Die Plättchen schillern irisierend, werden sie unter Wasser angestrahlt. Aktuelle Sichtungen gibt es aus der Flensburger und der Kieler Förde sowie von Rügen. Mneniopsis l. schadet den Fischbeständen auf zweierlei Art: Einmal tritt sie als Nahrungskonkurrent der Fischlarven auf und frisst ihnen mit Hilfe ihrer klebrigen Tentakeln das Plankton weg. Zum anderen gehören die Fischlarven selbst in ihr Beuteschema. Bei uns sind Heringe und Sprotten latent gefährdet. Die Meereswallnuss hat sich schon des Öfteren aufgemacht, um in fremden Gefilden für Unordnung und Chaos zu sorgen. Ihre Heimat ist die Ostküste der USA. Von dort wurde sie – wahrscheinlich im Ballastwasser von Schiffen – in den 80er Jahren ins Schwarze Meer verschleppt, das bis zu dieser Zeit noch nicht von Rippenquallen besiedelt war. Dort dezimierte sie den Fischbestand erheblich, besonders die Sardellen hatten große Nachwuchssorgen. Sie breitete sich weiter ins Asowsche Meer und schließlich ins Kaspische Meer aus. Ihre Expansion führte sie auch in den Süden über die Dardanellen ins Mittelmeer. Sie kann eine sehr breiten Bereich unterschiedlicher Salzgehalte vertragen: 3 – 39 Promille! Durch diese Fähigkeit fühlt sie sich fast überall wohl. Wie sie allerdings den Winter in der Ostsee übersteht, bleibt abzuwarten. Dort fällt das Thermometer bis auf den Gefrierpunkt. Wir werden sehen, ob sie das nächste Osterfest noch erlebt. Im Schwarzen Meer wies ihr die tentakellose, dafür aber mit einem großen Schlund versehene Melonenqualle Beroe ovata die Schranken und deziemierte ihre Bestände deutlich. Diese Schluckspechte unter den Rippenquallen haben nämlich eine Lieblingsnahrung: Rippenquallen mit Tentakeln. Diese Tatsache machte man sich zu Nutze und setzte Beroe o. gezielt im Schwarzen Meer aus. Zur gleichen Gattung gehört die Melonenqualle
Beroe cucumis. Sie kommt auch in der Ostsee vor. Allerdings nicht sehr zahlreich und nur im westlichen Teil. Vielleicht wird sie Jagt auf den Tentakel tragenden Fremdling machen. Wir wünschen ihr einen guten Appetit!
Peter Jonas


Rippenquallen in der Ostsee
Zur Stammbesetzung gehören 3 Arten: Seestachelbeere, Glas-Lappenqualle und Melonenqualle. Die Meereswallnuss hat sich neu dazugesellt.